Antisemitische Schreiben von der SWG

Frank Binnewies, Diplomfinanzwirt und Regionalleiter der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft (SWG) von Hannover, versendet Einladungen der SWG. Diesen ist der Abdruck eines Artikels aus den Basler Nachrichten vom 13. Juni 1946 beigelegt. In dem Artikel wird versucht die Zahl der ermordeten Jüdinnen und Juden nachzurechnen. Der Verfasser kommt zu dem Ergebnis, das „alles in allem weniger als 1,5 Millionen Juden vorläufig als tot oder vermißt bezeichnet werden müssen“ und zieht daraus den Schluss, dass angesichts der „gewaltigen Bedeutung, die gerade die ‚Ausrottung der Juden‘ in der Weltmeinung“ ein Untersuchungsausschuss der Vereinten Nationen feststellen müsse, „wie hoch wirklich die Todesopfer des jüdischen Volkes gewesen“ seien. Er hält eines für „schon heute sicher“, „dass diese Zahl fünf bis sechs Millionen“ „unwahr“ sei.

Binnewies schreibt in seinen Anmerkungen dazu, dass es bisher keinen Untersuchungsausschuss gegeben habe und betont, niemand würde „bisher Interesse am Herausfinden der wahren Verluste“ zeigen sowie „Grundlage für die Nürnberger Prozesse war die Zahl 6.000.000 Tote – woher sie auch immer stammen mag.“

Diese Relativierung des Holocaust führt zu einer Reaktion des Vorsitzenden der SWG Reinhard Uhle-Wettler. Ein, auf den 20. Mai 2006 datierter Brief, von ihm an „Mitglieder und Gäste der SWG-Region Hannover“ stellt klar: „Die Ihnen mit der Einladung vom 10. Mai 2005 irrtümlich übersandte Anlage eines Abdruckes aus den Basler Nachrichten von 13. Juni 1946 (…) gehört nicht zum Vorgang.“ Und er fordert: „Sie ist bitte zu entnehmen, zu vernichten und als nicht übersandt zu betrachten. Keinesfalls darf sie weitergegeben und mit der SWG in Zusammenhang gebracht werden.“

Hier ist die Sorge um das Image größer als eine ernsthafte inhaltliche Distanzierung von dem Inhalt des ersten Schreibens. 2005 schrieb Uhle-Wettler im Deutschland-Journal der SWG: „Nur eines ist gewiss: die barbarische Ausrottung der Juden durch Hitler wurde übertroffen durch die Ausrottung der Deutschen von der Hand der ›demokratischen, friedliebenden‹ Mächte der Vereinten Nationen.“

Wettler ist auch in Hannover als Referent bei Organisationen und Gruppen der konservativen und extremen Rechten bekannt. Seit mehr als zehn Jahren ist er Vorsitzender der SWG. Im Jahr 1995 übernahm er die Leitung von Hugo Wellems, einst Pressereferent im „Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda“ von Joseph Goebbels. Seit der Gründung kämpft die SWG gegen die „alliierte Umerziehung“ und die „68er Wertezersetzung“. Regelmäßig klagt Uhle-Wettler über das „US-amerikanische Umerziehungsprogramm für die besiegten Deutschen.“